Die Periode kann uns helfen, kreativer beim Sex zu werden
Nicht jede*r kommt gut mit Blut klar. Auf Spaß im Bett verzichten muss aber niemand.
Ein echter Pirat sticht auch ins Rote Meer.“ Mit diesem Satz teilte mir mein damaliger Freund mit, dass er kein Problem mit Sex während der Periode hätte. Mit 17 war mir dieser Spruch neu, ich fand ihn witzig – und genoss ab da auch während der Periode ein entspanntes Sexleben. Mein Humor hat sich seitdem definitiv weiterentwickelt, den Spruch sehe ich heute kritisch. Er hört sich zum einen nach männlicher Dominanz an, gleichzeitig impliziert er aber, dass man(n) ein Weichei ist, wenn er nicht mit Blut klarkommt. Aber zumindest damals hat er seinen Zweck ja erfüllt: Ich kam gar nicht erst auf die Idee, eine Scham bezüglich Menstruationssex zu entwickeln.
Erst später stellte ich fest, dass dieses Thema immer noch mit vielen Tabus und Unwissenheit verbunden ist – so wie eigentlich alles, was mit dem weiblichen Zyklus zusammenhängt. Freundinnen fragten mich in vertrauten Momenten, ob ich „es“ auch in der Periode mache. Und im Internet diskutieren Menschen bis heute, ob Sex während der Regel nun okay sei oder nicht. Mit am häufigsten fällt dabei das Wort „unhygienisch“ – oft auch aus dem Mund von Frauen*. Das ist nicht logisch. Denn beim Sex fließen diverse Körperflüssigkeiten – keine davon ist steril, aber alle sind unbedenklich, wenn die Beteiligten gesund sind.
Manche Menschen ekeln sich vor der Periode, andere lassen fahrlässig das Kondom weg
Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die während der Menstruation besonders gerne Sex haben. Manche Frauen* spüren in diesen Tagen besonders viel, weil ihre Genitalien besonders gut durchblutet sind, manche Männer* stehen auf den zusätzlichen Gleiteffekt. Bei aller Lust sollte man natürlich nicht vergessen, sich beim Sex zu schützen – doch gerade das scheint beim Periodensex nicht immer gut zu klappen: Bei einer weltweiten Studie des Kinsey-Instituts in Kooperation mit der Zyklus-App Clue, an der 95 000 Personen teilnahmen, zeigte sich, dass die Kondomnutzung während der Periode um 15 Prozent sinkt. Dreißig Prozent gaben außerdem an, dass sie bei Sex ohne Kondom während ihrer Tage weniger Angst vor einer Schwangerschaft hätten.
Das kann auf mehrere Arten schiefgehen. Erstens ist es ein Mythos, dass Sex während der Menstruation nicht zu einer Schwangerschaft führen kann. Man kann (außer, man beobachtet seine Aufwachtemperatur nach medizinischen Regeln und bestätigt dadurch den vorangegangen Eisprung) zunächst einmal gar nicht sicher sein, ob die Blutung eine „reale“ Menstruation ist oder womöglich eine Zwischenblutung, die oft mit der hochfruchtbaren Eisprungphase zusammenfällt. Abgesehen davon können Spermien unter idealen Bedingungen bis zu fünf Tage befruchtungsfähig bleiben und somit bis zu einem frühen Eisprung durchhalten.
Zweitens gehört die Periode zu den Zyklusphasen, in denen das Risiko, sich mit einer sexuell übertragbaren Infektion (STI) anzustecken, erhöht ist. Zum einen ist die Zervix (Muttermund) geöffnet (das ist auch während der Phase rund um den Eisprung der Fall), zum anderen ist die Gefahr für Infektionen, die über Blut übertragen werden, höher. Zum Schutz davor sind Kondome in allen Zyklusphasen wichtig – und regelmäßige STI-Tests, die man inzwischen bequem zuhause durchführen kann.
Sex während der Periode heißt nicht, dass Blut fließen muss
Was aber, wenn einem das alles klar ist – man aber trotzdem einfach kein Blut sehen kann? Oder wenn man sich als Frau* unter Menstruationskrämpfen nicht vorstellen kann, einen Penis in sich zu haben, aber Lust auf Berührung und Orgasmen hat? Dann, finde ich, ist die perfekte Gelegenheit gekommen, um die eigene Vorstellung von Sex zu reflektieren.
Wenn wir ihn nämlich nicht nur als Rein-Raus definieren, bieten sich weitaus mehr Möglichkeiten für alle Beteiligten. Denken wir zum Beispiel an diverse Oralsex-Stellungen, an Klitoris-Massagen, anale Stimulation, ans genüssliche Aneinanderreiben ... Alles völlig unblutig mit einer gut sitzenden Menstruationstasse oder einem Tampon. Eine weitere Option ist, beim Oralsex ein Lecktuch zu benutzen – oder den Spaß in die Dusche zu verlegen, falls man mehr Angst vor Flecken im Bett als vor Periodenblut an sich hat. Letztlich gibt es auch bei Penis-in-Vagina-Sex die Möglichkeit, das Blut zu blockieren: Mit Softtampons oder Menstruationsschwämmchen. Diese werden direkt vor dem Muttermund platziert und sind so weich, dass sie bei der Penetration nicht stören. Man sollte allerdings keine Scheu vor dem Einsetzen und Herausholen haben, denn ein Rückholbändchen haben diese Produkte nicht.
Klar ist: An Möglichkeiten mangelt es uns heutzutage nicht. Welche individuell am besten passt, findet man mit guter Kommunikation und Offenheit heraus – aber sicher nicht mit der Art von Egotrip, mit der mich ein Bekannter einst verstörte. Er erzählte mir, dass er seine Partnerinnen in der Menstruation niemals penetrieren und die Tage stattdessen als „Blowjob Week“ genießen würde. Als ich ihn fragte, ob er sich bei seinen Partnerinnen mit dem Mund oder mit seinen Händen revanchierte, sah er mich völlig entgeistert an: „Darum hat mich noch keine Frau gebeten! Ich glaube auch nicht, dass sie das wollten!“. So sehen gleichberechtigte Beziehungen aus ... nicht.
Orgasmen gegen Periodenkrämpfe? Macht man sich im Zweifelsfall selbst
Dabei scheint die Einstellung, für die ich ihn verurteilte, gar nicht selten zu sein. In der Kinsey-Clue-Studie geben 41 Prozent der Menstruierenden an, dass sie sich während der Periode auf die Stimulation des Partners fokussieren. Nur 15 Prozent führen ihre sonstigen sexuellen Aktivitäten weiter, und fast die Hälfte der Befragten vermeidet jeglichen genitalen Kontakt. Ein großes Versäumnis, vor allem, wenn man bedenkt, dass Orgasmen ein geniales Mittel gegen Periodenkrämpfe sind.
Letztlich läuft es darauf hinaus, dass wir uns bei Sex während der Periode so verhalten sollten wie bei jeder sexuellen Begegnung: Beide Partner*innen müssen einverstanden sein, beide sollten auf ihre Kosten kommen. Wenn man selbst oder der*die Partner*in nicht auf STIs getestet ist und / oder man nicht anderweitig eine Schwangerschaft verhütet, ist ein Kondom angebracht.
Sollte man hingegen kein*e Sexpartner*in haben, mit der diese Voraussetzungen gegeben sind, ist es wohl am besten, sich eine Runde Selbstliebe zu gönnen. Orgasmen gegen Krämpfe kann man sich schließlich auch sehr gut alleine verschaffen.
Dieser Text von Rena Föhr erschien zuerst bei jetzt.de. Zum Original