Wie die Regel erträglicher wird
Illustration: Daniela Rudolf-Lübke
Wir müssen unsere Menstruation nicht lieben, denn sie ist nicht immer angenehm. Aber wir können lernen, besser mit ihr klarzukommen.
Dieser Text von Rena Föhr erschien zuerst bei jetzt.de.
Ich menstruiere gerade. Es ist meine dritte Periode, seit ich die Zyklus-Kolumne begonnen habe, und jede war anders. Die erste war so mittel, die zweite war am ersten Tag schrecklich, und die aktuelle macht mir wenig Probleme.
Während dieser Kolumne bekam ich neben viel positivem Feedback auch Kritik, ich würde die Menstruation glorifizieren. An der Stelle sei festgehalten: Meine Periode ist bei Weitem nicht beschwerdefrei. Am ersten Zyklustag habe ich immer Krämpfe und manchmal richtig miese Laune. Ja, ich liebe meinen Zyklus. Aber damit meine ich nicht die Blutung, sondern den gesamten etwa einmonatigen Ablauf einschließlich Eisprungphase (meine Lieblingszeit, dank Östrogenhoch und viel Energie), Menstruation und den Tagen dazwischen. Der Beginn der Menstruation ist der Teil des Zyklus, der mir am wenigsten gefällt – wohl auch, weil die ärztlichen Tipps nie über „Pille oder Schmerzmittel“ hinausgingen. Trotzdem habe ich Wege gefunden, mit meiner Periode umzugehen: Durch Recherche, durch Selbstversuche, durch den Austausch mit anderen. Ich bin überzeugt: Wir müssen die Menstruation nicht lieben, aber wir sollten über sie reden. Daher hier meine Erkenntnisse, wie ich am besten mit ihr klarkomme:
1. Zyklustracking hilft, um nicht von der nächsten Periode überrascht zu werden – oder Stress zu schieben, weil sie ausbleibt
Ein richtiger Game-Changer war für mich, selbst herauszufinden, wann ich mit der nächsten Menstruation zu rechnen habe. Seit Jahren messe ich meine Aufwachtemperatur und beobachte meinen Zervixschleim. Mit der systematischen Auswertung dieser Körperzeichen kann ich bestätigen, dass ein Eisprung stattgefunden hat und mich ab dann auf die nächste Menstruation einstellen: Wenn es zur Ovulation kommt, muss die Menstruation etwa 10-16 Tage später folgen. Bei ein- und derselben Person ist die Anzahl der Tage zwischen Eisprung und Menstruation meist gleich lang, sodass man fast auf den Tag genau weiß, wann es so weit sein wird. Das hat noch einen weiteren Vorteil: Wenn der Eisprung in einem Zyklus mal später stattfindet, sieht man das ebenfalls direkt anhand der Aufzeichnungen – und ist darauf vorbereitet, dass sich die nächste Blutung nach hinten verschieben wird. Lange her scheinen mir die Zeiten, in denen ich panisch Schwangerschaftstests kaufte, obwohl ich durchgehend verhütet hatte – nur weil meine Menstruation (bzw. eigentlich der Eisprung, wie ich heute weiß) verspätet war.
2. Menstruationstasse oder Periodenunterwäsche? Wir können das beste Produkt für uns selbst wählen
Der nächste Schritt war, ein Menstruationsprodukt zu finden, mit dem ich mich wohlfühle. Als Teenie war für mich bereits der Wechsel von Binden zu Tampons eine große Verbesserung im Komfort, auch wenn diese manchmal meine Schleimhäute austrockneten. Dass es noch angenehmere Optionen gibt, wurde mir vor sechs Jahren klar, als ich auf Rat einer Freundin eine Menstruationstasse ausprobierte. Seitdem habe ich (bis auf eine Reise, bei der ich den Cup zuhause vergessen hatte) nichts anderes mehr genutzt. Die Tasse hat deutlich mehr Fassungsvermögen und ist viel besser für die Schleimhäute. Für den letzten, leichten Tag nehme ich allerdings bis heute Slipeinlagen – und nehme mir fest vor, bald endlich Periodenunterwäsche auszuprobieren.
3. Schmerzen lassen sich mit Hilfsmitteln lindern
Den Menstruationsbeginn zu erwarten und das richtige Produkt zur Hand zu haben, kann die Angelegenheit auf jeden Fall schon mal angenehmer machen – körperliche Beschwerden gehen davon aber nicht weg. Deshalb testete ich unter anderem ein TENS-Gerät (TENS ist die Abkürzung für transkutane elektrische Nervenstimulation). Dabei werden elektrische Impulse eingesetzt, die über Elektroden in den Körper geleitet werden. Durch dieses Signal soll die Weiterleitung des eigentlichen Schmerzsignals unterbrochen werden. Auch wenn bei mir die Schmerzen dadurch nicht komplett verschwanden – was ich auch nicht zu hoffen gewagt hatte – reduzierten sie sich doch deutlich. Bis das Gerät seinen Geist aufgab.
Das kann bei den nächsten beiden Strategien zum Glück nicht passieren, denn zu ihr braucht es nichts als den eigenen Körper: Menstruationsyoga und Orgasmen. Ich habe nicht besonders viel Ahnung von Yoga – umso erstaunter war ich, welchen spürbaren Effekt bereits zehn- bis zwanzigminütige YouTube-Videos auf mich hatten. Zu Orgasmen muss ich wohl nichts weiter erklären, außer den Fun Fact, dass über Masturbation als Mittel gegen Menstruationsschmerzen aktuell sogar eine Studie läuft. Eine sehr angenehme Menstruation hatte ich auch einmal, als ein Freund bei einem Ausflug großzügig CBD (Cannabidiol, ein nicht psychoaktives Cannabinoid) und seinen Vaporiser teilte. Ob und wie gut CBD gegen Periodenkrämpfe hilft, ist allerdings noch nicht bewiesen – die gute Gesellschaft meiner Freund*innen und die völlig Stressfreiheit an jenem Tag taten sicher auch einiges dazu, dass es mir gut ging.
4. Menstruationsblut sinnvoll weiterverwenden – zum Beispiel zum Pflanzendüngen
Letztlich ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, wie man seine Menstruationstage verbringt und welche Bedeutung man der Blutung beimisst. Durch lateinamerikanische Zyklusaktivistinnen stieß ich auf den Hinweis, man könne Menstruationsblut auch zum Pflanzendüngen verwenden. Wer nun angeekelt aufschreit, der*die sollte wissen, dass Tierblut ganz selbstverständlich als Bestandteil natürlichen Düngers angepriesen wird. Da macht es doch mehr Sinn, das eigene zu benutzen: Es ist gewaltfrei und deutet unser Blut vom stigmatisierten Ausscheidungsprodukt zu einem kraftvollen Mittel um, das in der Lage ist, etwas beim Wachsen zu unterstützen.
5. Ernährung – orientiert an den Zyklusphasen – kann guttun
Viele Zyklustipps beziehen sich auch auf die Ernährung. Die logischen Basics: Wenig Koffein, Alkohol und Zucker, viel Wasser und grünes Gemüse. Doch es gibt auch elaboriertere Strategien, die auf die Zyklusphasen abgestimmt sind. Einige Naturheilkundler*innen empfehlen „Seed Cycling“, das die Östrogenproduktion in der ersten Zyklusphase und die Progesteronproduktion in der zweiten Zyklusphase unterstützen soll: Von Menstruation bis Eisprung werden täglich je ein Esslöffel Leinsamen- und Kürbiskerne, nach dem Eisprung bis zur Menstruation Sonnenblumen- und Sesamkerne konsumiert. Ob das etwas bringt, ist wissenschaftlich nicht belegt. Mir persönlich half die Technik auch weniger für den Zyklus als für meine Verdauung – ein ungeplanter, aber angenehmer Nebeneffekt.
Gerade bei einer starken Menstruationsblutung kann das Risiko für einen Eisenmangel steigen – eine Reihe von eisenhaltigen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchte und gewisse Getreidesorten können hier vorbeugen. Wer tiefer einsteigen will, kann die Ernährung sogar an den vier verschiedenen Zyklusphasen orientieren. Über die Ernährung hinaus gehen pflanzliche Arzneimittel wie Mönchspfeffer. Deren Wirkung ist nachgewiesen, es gibt aber auch Risiken und Nebenwirkungen – wie bei allen Arzneimitteln sollte man den Gebrauch mit einem*r Expert*in abklären.
Ich finde diese Vorschläge zwar spannend – aber dafür braucht es meist mehr Aufwand und Disziplin als für, sagen wir, Orgasmen. Ich beispielsweise hänge bislang noch an meinem Morgenkaffee und am ersten Tag der Periode macht mich eine Tafel Milchschokolade glücklicher, als der Zucker mir schaden kann (hoffe ich).
Ganz ehrlich: Meine Zyklen sind nicht perfekt und mein Umgang mit ihnen auch nicht. Und das finde ich okay. Die Journalistin Colleen de Bellefonds nennt eine Einstellung wie meine „Period Neutrality“. Sie lehnt sich damit an die Entwicklung von Body Positivity (seinen Körper unabhängig von seiner Form feiern) hin zu Body Neutrality (den eigenen Körper akzeptieren) an. Sie versteht unter Period Neutrality, „offen und ohne Scham über unsere Zyklen sprechen, aber nicht zwingend mit Begeisterung oder zelebrierend, wenn das nicht der eigenen Erfahrung entspricht.“
Wichtig ist vor allem, uns in unserem eigenen Tempo mit dem Thema auseinanderzusetzen – und starke Beschwerden nicht mit „Das ist halt so“ abzutun, sondern professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen (manchmal muss man lange suchen, aber es gibt sie, die zyklusbewussten Gynäkolog*innen!). Es ist 2020 – unser Zyklus kann mal nerven, aber keine* sollte ihn als unerträgliches „Frauenleiden“ akzeptieren müssen.
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